Können wir die Klimaziele erreichen?

Vor einigen Wochen haben wir bereits über die Bestimmungen zu Klima und Energie im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition berichtet. Nun ist die Ampel-Koalition unsere neue Regierung in Deutschland. Damit ist es an der Zeit, dass wir uns genauer anschauen, was die Klimaziele der neuen Regierung wirklich bedeuten. Sind die guten Vorsätze umsetzbar?

Das Pariser Klimaabkommen

In ihrem Koalitionsvertrag hat die Ampel-Koalition direkt zu Beginn des Absatzes „Klima, Energie, Transformation“ angekündigt, den Ausbau der Erneuerbaren Energien ins Zentrum ihrer Regierungsarbeit zu stellen und sich dabei am 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu orientieren. Das Pariser Klimaabkommen wurde am 12. Dezember 2015 auf der internationalen Klimakonferenz mit dem Namen „COP21“ in Paris beschlossen. Hierzu haben sich fast alle Staaten der Erde in jahrelangen Diskussionen und Verhandlungen darauf geeinigt, die Weltwirtschaft auf klimafreundliche Weise zu verändern. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es mit dem sogenannten Kyoto-Protokoll nur Verpflichtungen für einige Industriestaaten, ihre Emissionen zu senken. Mit der Ratifizierung des Pariser Abkommens sind die Staaten nun völkerrechtlich verpflichtet, Maßnahmen zur Erreichung selbst gesetzter, nationaler Klimaziele zu erreichen. Das zentrale Ziel des Abkommens ist es, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius, im besten Fall 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Im November 2016 verabschiedete die Bundesregierung dann den Klimaschutzplan 2050 und war damit eines der ersten Länder, die die im Pariser Klimaschutzabkommen geforderten nationalen Ziele zum Klimaschutz erstellt und bei der UN vorgelegt haben. Nach diesem Plan soll Deutschland bis zum Jahr 2050 weitgehend treibhausgasneutral werden und bis 2030 die Treibhausgasemissionen in Deutschland um mindestens 55% gegenüber 1990 senken.

Koalitionsvertrag und Klimaneutralität

Unsere neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag verkündet, dass bis spätestens 2030 80% des Strombedarfs in Deutschland durch Erneuerbare Energien gedeckt werden soll. Dazu sollen unter anderem bis 2045 rund 40 Gigawatt an Offshore-Windkapazität installiert werden. Für den Zubau mit Photovoltaikanlagen hat die Bundesregierung das bisherige Ausbauziel von 100 Gigawatt auf 200 Gigawatt bis 2030 verdoppelt. 

Laut einer Studie der HTW Berlin reichen die von der neuen Bundesregierung gesetzten Ziele zum Ausbau der Erneuerbaren Energien allerdings nicht aus, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Dazu müssten laut der Arbeitsgruppe der HTW Berlin die installierte Photovoltaikleistung von derzeit 59Gigawatt in Deutschland bis 2035 auf mindestens 590 Gigawatt verzehnfacht werden. Damit dieses Ziel überhaupt erreicht werden kann, müsste der jährliche Zubau auf durchschnittlich 38 Gigawatt pro Jahr erhöht werden. Zum Vergleich: In 2021 hat Deutschland gerade mal eine Zubaumenge von 5,3 Gigawatt erreicht und war damit im europäischen Vergleich auf dem ersten Platz. Auch die Ziele für Offshore- und Onshore-Windkraft sind nach den Ergebnissen der von Volker Quaschning, Mitverfasser der Studie, noch deutlich zu niedrig, um den notwendigen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung zu leisten. 

Weitere wichtige Maßnahmen

Die Studie der HTW Berlin trägt den Titel „Solarstromausbau für den Klimaschutz“. Dennoch wurden neben dem Ausbau der Photovoltaikenergie auch weitere Maßnahmen berücksichtigt, die dazu beitragen, dass Deutschland das Pariser Klimaabkommen einhält. Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist, dass Deutschland zwischen 2030 und 2035 kohlendioxidneutral werden muss, um das Klimaschutzabkommen einzuhalten. Dazu reichen die bereits vorgestellten Zubauziele mit Erneuerbaren Energien alleine aber nicht aus. Zusätzlich fordern die Berliner Wissenschaftler eine weitgehende Elektrifizierung aller Sektoren, um den Energiebedarf ausreichend senken zu können. Darüber soll es ein Zulassungsverbot für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ab 2025 geben. Im selben Jahr soll außerdem der Einbau von neuen Gas- oder Ölkesseln gestoppt werden. Auch den Import von grünem Wasserstoff halten die Forscher für die Realisierung der Energiewende in der kurzen Zeit für unumgänglich.

Ausbildungsoffensive gegen den Fachkräftemangel

Die HTW-Berlin-Studie berücksichtigt nicht nur die Ausbauziele für Erneuerbare Energien, sondern geht auch auf die konkrete Umsetzung ein. Bereits heute zeichnet sich ein Fachkräftemangel in der Solarbranche ab. Wenn wir den Photovoltaik-Zubau verzehnfachen wollen, wird auch der Bedarf an Fachkräften steigen. Die Forscher der HTW Berlin prognostizieren, dass die Photovoltaikbranche durch den Ausbau zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens mit voraussichtlich mehr als 250.000 Arbeitsplätzen ein entscheidender Wirtschaftszweig in Deutschland werden wird. Sie fordern daher von der Bundesregierung eine schnelle Einführung von umfangreichen Aus-, Um- und Weiterbildungsangeboten. Diese, von Volker Quaschning sogenannte  Ausbildungsoffensive” könnte dann auch Fachkräften aus vom Wandel betroffenen Wirtschaftszweigen eine Zukunftsperspektive bieten.

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