Regelungen im Ampel-Koalitionsvertrag zu Klima und Energie

Am Mittwoch wurde nach wochenlangen Verhandlungen der Koalitionsvertrag der Ampel-Fraktion veröffentlicht. Die nächste Bundesregierung hat einiges vor und das präsentiert sie in ihrem Dokument „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“. Vor allem ab Seite 54 findet man die für die Energiewende und den Klimaschutz relevanten Vorhaben. Wir haben uns die Zeit genommen die Inhalte des Koalitionsvertrages zum Klimaschutz und der Energiewende einmal zusammenzufassen. 

Statement zum Klimaschutz

Besonders die grüne Partei der Ampel hat sich in den Verhandlungen für den Klimaschutz eingesetzt. Erste Beschlüsse des Vertrages haben wir euch bereits in dem Blogartikel „Wie geht es mit der Energiepolitik nach der Bundestagswahl weiter?“ vorgestellt. Direkt zu Beginn des Absatzes mit dem Titel „Klima, Energie, Transformation“ kündigt die neue Bundesregierung an, dass sie den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu einem zentralen Projekt ihrer Regierungsarbeit machen möchte und dabei die nationale, europäische und internationale Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf das 1,5-Grad-Ziel ausrichten wird und sich dabei am Pariser Klimaschutzabkommen orientieren will. Als Instrument hierzu wird ein Klimaschutzsofortprogramm genannt, mit dem alle dafür notwendigen Gesetze und Vorhaben bis zum Ende des nächsten Jahres auf den Weg gebracht werden soll. 

Ausbau der Erneuerbaren Energien

Die Ampel-Koalition hat es sich zum Ziel gemacht, dass bis 2030 80% des Bruttostrombedarfs mit Strom aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden und gleichzeitig 50% der Wärme klimaneutral erzeugt werden soll. Dazu sollen unter anderem langfristige Stromlieferverträge (PPA) und der europaweite Handel mit Herkunftsnachweisen gestärkt werden. Auch die Produktion von Strom aus Anlagen, bei denen die Förderung ausgelaufen ist, oder die außerhalb der EEG-Förderung liegen sollen stärker genutzt werden. In diesem Zuge haben die Parteien angekündigt, die derzeit geltenden Regelungen zu prüfen. Gleichzeitig sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt und Bürokratische Hürden abgebaut werden. Beispielhaft nennen die Koalitionsparteien hier die Beschleunigung von Netzanschlüssen und Zertifizierungen, die Anpassung der Vergütungssätze sowie die Überprüfung der Ausschreibungspflicht für große Dachflächen und des Deckels. Dazu gehört eine nur grob umrissene Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, 

Auch die Förderung der Windenergie ist Bestandteil des Koalitionsvertrages. Hier haben die Parteien sich darauf geeinigt, zwei Prozent der Landesflächen für den Bau von Windenergieanlagen auszuweisen. Die Umsetzung dieses Vorhabens soll noch im ersten Halbjahr 2022 beginnen. Auch die Kapazitäten von Offshore-Windenergie sollen in diesem Zusammenhang erheblich gesteigert werden. Im Koalitionsvertrag ist hier von 40 Gigawatt bis 2045 die Rede. Auch Bioenergie und Geothermie sollen als Maßnahme zum Ausbau der Erneuerbaren Energien gefördert werden.  

Die Bürgerenergie nennt die Ampel-Koalition als wichtiges Instrument für die Akzeptanz der Erneuerbaren Energien und sieht es vor, diese durch den Abbau von Bürokratie zu unterstützen und die Rahmenbedingungen für Bürgerenergieakteure zu verbessern. Wie genau das aussehen soll wird hier zwar nicht näher beschrieben, Energy Sharing und die Prüfung eines Fonds zum Risikoabbau werden allerdings erwähnt. Damit finden sich zwei der Forderungen des „Drei Punkte Plan für die Bürgerenergie“ vom BUND und vom Bündnis Bürgerenergie Erwähnung im Koalitionsvertrag wieder. Die Aufhebung der Personenidentität zwischen Anlagenbetreiber*in und Letztverbraucher*in tauscht nicht explizit auf. Mit der Abschaffung der Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis ab 2023 (s. weiter unten), wäre dies aber ohnehin obsolet.

Der häufig diskutierte Ausbau der Stromnetze hat es auch in den Koalitionsvertrag geschafft. Die Ampel-Koalitionen einigen sich hier auf eine umgehende Beauftragung der Bundesnetzagentur und der Netzbetreiber mit einem Plan für ein Klimaneutralitätsnetz und  die entsprechende Fortschreibung des Bundesbedarfsplans. Darüber hinaus soll bis zur Jahresmitte 2023 eine sogenannte “Roadmap Systemstabilität” vorgelegt werden. Deren Bestandteil sollen dann modernisierte und digitalisierte Verteilnetze sowie intelligente Messsysteme sein. Die rechtliche Anerkennung von Stromspeichern als wichtigen Bestandteil von Energiesystemen gehört ebenfalls zu diesem Plan. 

Kohleausstieg idealerweise bis 2030

Dieses doch sehr vage Statement hat in den Medien für Trubel gesorgt. Bisher war das Ziel 2038. Die Ampelkoalition plant nun den Kohleausstieg durch den massiven Ausbau von Erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Bis die Versorgungssicherheit durch regenerative Energie sichergestellt ist sollen allerdings Gaskraftwerke an bisherigen Kraftwerkstandorten errichtet werden. Diese sollen später auf den Betrieb mit Wasserstoff umgerüstet werden können. Auch die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen können bei der Strukturänderung weiterhin auf Unterstützung durch die Regierung zählen.  

Für die Übergangszeit bis zum Kohleausstieg sei Erdgas unverzichtbar. Neben der Errichtung der bereits geplanten Gaskraftwerke soll Wasserstoff als Energieträger für den europäischen Wettbewerb gefördert werden. Atomkraft hingegen wird als Energieträger von der Ampel-Koalition weiterhin ausgeschlossen. 

Strommarktreform und Abschaffung der EEG-Umlage

Die Koalition aus SPD, FDP und den Grünen hat darüber hinaus eine Arbeitsgruppe zum Redesign des Strommarktes angekündigt, die innerhalb des nächsten Jahres Vorschläge unterbreiten soll. Das soll neben einer weiteren Integration des europäischen Energiebinnenmarktes auch gesicherte Erneuerbare-Energien-Leistungen, Kraft-Wärme-Kopplung, Speicher, Energieeffizienzmaßnahmen und Lastmanagement beinhalten.

Auch die Finanzierungsarchitektur des Energiesystems soll reformiert werden. Dabei sollen Anreize für Sektorenkopplung, dezentrale Erzeugungsmodelle und die Vermeidung von CO2-Emissionen geschaffen werden. In diesem Zusammenhang wird der CO2-Preis als zentrales Instrument genannt. Eine der interessantesten Vorhaben ist das Ende der Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis. Als Grund hierfür wird die Schaffung von sozial gerechten und wettbewerbsfähigen Energiepreisen genannt. Stattdessen soll die EEG-Umlage ab dem 01. Januar 2023 in den Bundeshaushalt übernommen werden. Die Finanzierung soll dann durch Einnahmen aus den Emissionshandelssystemen und Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt geregelt werden. Die Förderungen für Erneuerbare Energien will die Koalition mit der Vollendung des Kohleausstiegs auslaufen lassen. Bis dahin sollen die Ausnahmen von der EEG-Umlage sowie Energiesteuern überprüft und angepasst werden. Steuerbegünstigungen durch die wirtschaftliche Nutzung von Strom sollen abgebaut werden.

Regelungen im Ampel-Koalitionsvertrag zu Klima und Energie

Im Koalitionsvertrag von SPD, FDP und den Grünen wird ein steigender CO2-Preis verbunden mit einem starken sozialen Ausgleich als wichtiges Instrument zur Erreichung ihrer Ziele genannt. Dabei sollen vor allem Menschen mit geringem Einkommen unterstützt werden. Produkte oder Dienstleistungen, die sich positiv auf das Klima auswirken sollen, günstiger sein als solche, die negative Auswirkungen auf unser Klima haben. Hierbei wird immer wieder die Unterstützung des europäischen Emissionshandels betont. Durch den bereits erwähnte Wegfall der EEG-Umlage und den davon abhängigen Abbau von Steuerbegünstigungen sollen auch Unternehmen nicht zusätzlich belastet werden. Hierzu planen die Koalitionsparteien innerhalb der nächsten 20 Jahre ein europaweit einheitliches Emissionshandelssystem über alle Sektoren hinweg, das nicht zulasten der Verbraucher:innen ausfällt. Auch ein globales Emissionshandelssystem wird erwähnt, das mittelfristig zu einem einheitlichen CO2-Preis führen soll.
Um eine Transformation der Wirtschaft herbeizuführen und Deutschland als wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort zu unterstützen, haben sich die Parteien in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, Innovationen zu fördern “und neues Zutrauen in Gründergeist, Innovation und Unternehmertum” zu schaffen. Dabei wird die Klimakrise auch als Chance für den Industriestandort Deutschland bezeichnet. Darüber hinaus sollen Unternehmen beispielsweise durch KfW-Fonds bei Investitionen in ihre Klimaneutralität unterstützt und Anreize geschaffen werden.

Koalitionsvertrag muss nun gebilligt werden

Im nächsten Schritt wird der fertige Vertrag den Parteien vorgelegt, damit diese vor der Umsetzung den Inhalten zustimmen. FDP und SPD kündigten dafür bereits Parteitage und die Grünen eine Mitgliederumfrage in der ersten Dezemberwoche an. 

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